Doku-des-Alltags: Strecken und Bahnhöfe

Holzkirchen – Schliersee – Bayrischzell

Schliersee
km 24,6 v. Holzkirchen / km 0,0 n. Bayrischzell

Die Strecke (München –) Holzkirchen - Schlier­see – Bayrisch­zell ist zwar eine durch­gehende Kurs­buch­strecke und eigent­lich seit jeher mit durch­gehenden Zügen von München, aber tat­sächlich endet die Strecke von Holz­kirchen im Spitz­kehren­bahnhof Schliersee und der rest­liche Ab­schnitt bis Bay­risch­zell beginnt mit eigener Strecken­nummer und dem km 0,0.

Während die staatliche Lokalbahn Schliersee – Bay­risch­zell erst am 14.8.1911 bis Fisch­bachau und am 1.10.1911 weiter bis zum End­bahnhof eröffnet wurde, hatte Schlier­see selbst schon seit 1.8.1869 den Bahn­anschluß. Der Kohle­berg­bau in Haus­ham und im Mies­bacher Raum hat­te schon 1861 zur Reali­sierung einer Pacht­bahn von Holz­kirchen nach Mies­bach geführt. Durch den damals auf­kommenden Ausflugs­verkehr hatte dann auch der Ort Schlier­see am gleich­namigen See großes Inte­resse daran, eine Eisen­bahn­verbin­dung nach München zu be­kom­men. Seit Sommer 1869 konnte also über Mies­bach hinaus über Haus­ham nach Schlier­see gefah­ren werden.

Die ins Abseits geratene, 16 km weiter südlich gele­gene Gemein­de Bayrisch­zell forderte nun aber auch einen Bahn­anschluß. Schließ­lich hatte man dort den Wendel­stein und das Sudel­feld als begehrte Ausflugs­ziele vorzu­weisen. Der Bau begann 1910 und wurde ein Jahr später abge­schlossen.

Die günstige Lage des Bahn­hofs Schlier­see zum Orts­kern nord­östlich des Sees, war wiederum für den Bahnbau ein Hindernis und machte einen Weiter­bau als Durch­gangs­bahnhof unmöglich. So entstand durch die Trassenf­ührung am West­ufer entlang in Schlier­see ein Spitz­kehren­bahnhof.

1.) Goldener Oktober im Oberland. 218 322 ist um 16:05 in Schlier­see auf Gleis 1 einge­fahren. Wohl aufgrund eines Steuer­wagen­mangels war der E 3540 an diesem Tag kein Wendezug. Statt der sonst fünf Wagen hat er hier nur vier. Dadurch kam man noch­mal in den Genuß eines Umsetz­manövers in Schliersee.

Es ist ein Samstag, unter der Woche wäre nun um diese Zeit Gleis 2 mit dem E 3539 nach Bayrischzell belegt.

Ab den späten 70er Jahren waren im Personen­verkehr ausschließ­lich Diesel­loks der Bau­reihe 218 vom Bw Mühl­dorf auf den Oberland­strecken eingesetzt. Die 218 löste die Bau­reihen 215 und 216 ab, die ihrerseits die V 100 und natür­lich auch die dampf­bespann­ten Züge verdrängten. 1967 waren die Ober­land­bahnen die letzten Stre­cken in der BD München auf denen die Baureihe 78 fuhr. Auch die P8 hatte hier ihr Einsatz­gebiet, wobei der Bahnhof Schliersee stets mit Tender voraus verlassen wurde.

Die Bayrischzeller Strecke war auch immer wieder Ort für Versuchs- und Abnahme­fahrten. So wurde in den 1930er Jahren die erste diesel­hydraulische Lok V 16 101 (ab 1936 V 140 001) getestet und 1952 hatte die „Limburger Zigarre“, der ETA 176 hier seine Abnahme­fahrten.

2.) Gleisplan vom Bahnhof Schliersee, wie er mindestens bis Ende der 1950er Jahre Bestand hatte. Die Dreh­scheibe fiel den ersten Rück­bau­maßnahmen zum Opfer. Der Lok­schuppen und ein großer Teil der Lade­gleise bestanden bis Ende der 1970er Jahre. 1984 wurde das Gleisfeld auf drei Bahn­steig­gleise und ein Lade­gleis ent­lang der Lang­holz­rampe und Güterhalle reduziert. Als die Bayerische Oberlandbahn (BOB) 1998 den Betrieb mit Trieb­wagen übernahm, entfiel jeg­liche Umfahr­möglichkeit, da die drei Bahn­steig­gleise am Ende gekappt und somit zu Kopf­gleisen wurden. Einzig die ver­bliebenen Forms­ignale mitsamt mecha­nischen Stell­werk regelten noch bis Oktober 2021 den Betrieb im Bahnhof.

3.) 218 322 wird abgekuppelt und setzt über die Gleis­stutzen auf Gleis 2 über. Hinter den Prell­böcken, wo das Wohnhaus steht befand sich früher ein 4-ständige Maschinen­haus der BwAst Schliers­ee. Die Außen­stelle Schliersee war dem Bw München Hbf ange­gliedert und war Personal­einsatz­stelle. Bis Mit­te der 1960er Jahre über­nachteten im Maschinen­haus hier ein­gesetzte P8 vom Bw München Hbf.

Umsetzende Loks fuhren bis vor die Schuppen­tore. Die BwAst Schlier­see wurde 1959 aufgelöst, von den 4 Schuppengleisen wurden die zwei äußeren ausgebaut. Schließ­lich wurde der Lok­schuppen nach 1977 abgerissen.

4.) Nun gehts mit freier Rangierfahrt raus­wärts Richtung Stell­werk.

5.) Nachdem sie wieder an ihrem Zug hängt, dieselt 218 322 um 16:10 weiter nach München. Zu Zeiten seiner größten Aus­maße hatte der Bahn­hof Schlier­see drei weitere Gleise, wobei Gleis 4 auch einen Bahns­teig hatte, Gleis 5 war Umfahrgleis und Gleis 6 Lade­gleis. Der Rückbau auf den hier zu sehenden Zustand erfolgte 1984.

In den Jahren 1988-90 verkehrten (mit gering­fügigen Ände­rungen im Minutenbereich) werktags 12 Zugpaare ab dem Bahnhof Schlier­see. In der Regel fuhren alle Züge die komplette Strecke München – Bayrischzell. Ausnahmen bildeten:
E 3535 München 11.46 – 12.39 Schliersee
N 4585 Holzkirchen 14.06 – 15.06 Bayrischzell
N 4574 Bayrischzell 6.51 – 7.52 Holz­kirchen
E 3530 Schliersee 8.20 – 9.16 München
N 4580 Schliersee 13.01 – 13.30 Holzkirchen
N 4586 Bayrischzell 17.41 – 18.48 Holzkirchen.

Die hier genannten N-Züge, die nur abschnitts­weise die Strecke befuhren, waren in dem Zeitraum die einzigen Nah­verkehrszüge, alle anderen waren Eilzüge. Seit dem Sommerfahrplan 1988 hat der Samstags-, Sonn- und Feiertagsverkehr eine eigene Kursbuchtabelle.

6.) Und noch ein Nachschuß ins strahlende herbstliche Abend­licht. Außerhalb des linken Bild­randes lag früher die 16 m-Drehscheibe. Eine P8 konnte mit einem gesamten Radstand von 15,5 m gerade noch gedreht werden. Die Baureihe 50, die hier im Güter­verkehr im Einsatz war, war dagegen zu lang.

Zwischen Holzkirchen und Schliersee gilt die Strecke als Haupt­bahn. Nach Bayrisch­zell ist die Strecke als Neben­bahn eingestuft.

7. + 8.) Das schmucke Stellwerk wurde 1913 errichtet mit der Technik von Krauss und Companie.

9.) Die immer tiefer stehende Sonne verzaubert die ganze Umgebung in stimmungsvolle Licht- und Schatteneffekte.

10.) Das dreiteilige Empfangsgebäude. Ursprünglich beherbergte es Warte­säle der Klassen I. - III. Links daneben die Toiletten­anlagen und ganz links der Güterschuppen. 1990 war noch die Bahnhofs­wirtschaft vorhanden. 2005 wurde es wegen Baufällig­keit abgerissen und durch einen anspre­chenden Neubau ersetzt, der op­tisch dem alten Gebäude sehr ähnlich ist.

11.) Auf dem Ladegleis sind einige Schotter­wagen und Rotten­kraftwagen hinter­stellt. Neben diesem Gleis lagen einst noch zwei weitere, am äußersten lief eine lang­gezogene Lang­holzrampe entlang.

12.) Inzwischen ist die Sonne hinter den Bergen verschwunden und die Kühle des Abends zieht über den Bahnhof.

12.) 218 349 befördert im Mai 1989 den vormittäglichen E 3533, hier bei der Einfahrt um 10:22. Im Hintergrund sieht man die Schranken des Bahnübergangs des Postens 12.

13.) Zugkreuzung im Spitzkehrenbahnhof: 218 316 hat am Nachmittag des selben Tages mit dem nur werktags fahrenden E 3539 schon Hp2 nach Bayrischzell erhalten. Auf Gleis 1 ist 218 321 zu sehen, die mit dem E 3540 drei Minuten später nach München abfährt. Es ist die gleiche Leistung wie auf Seite 1 mit 218 322, nur hat der Zug diesemal einen Steuerwagen dabei.

14.) Der E 3533 nach Bayrischzell im September 1987 im Bahnhof Schliersee. Nach dem planmäßigen Aufenthalt von 5 Minuten wird 218 345 gleich schiebenderweise Gleis 2 verlassen. Ankunft in Bayrischzell 10:56. Rückleistung von dort ist um 11:37 der E 3536. Links im Hintergrund ist das leergeräumte Terrain zu sehen, wo bis 1984 die Gleise 4 - 6 lagen.

15.) Dieser Blick bot sich, wenn man früher aus dem äußeren Schuppentor auf den Bahnhof blickte. Die Zick-Zack-Weichenverbindungen blieben als Umsetzmöglichkeit.

16.) Einfahrt in den Bahnhof Schliersee, von München kommend.

17.) Ausfahrt aus Schliersee nach Bayrischzell, Blick rückwärts Richtung Bahnhof mit Einfahrtsignal und Rückseite des Stellwerks.

18.) Unmittelbares Folgebild von Bild 7, nun in Fahrtrichtung. Mit Steuerwagen voran geht es in weitem Bogen um das Nordufer des Schliersees, am örtlichen Fußballplatz vorbei. Unterhalb der beiden Kühe neben dem Trafohäuschen im Hintergrund ist die Ne2-Vorsignaltafel für das Einfahrtsignal zu sehen. Jahre zuvor hatte der Bahnhof Schliersee an dieser Stelle auch ein Vorsignal aus Richtung Bayrischzell.